Bitcoin in Gefahr? Quantenangriff im Check mit Krypto-Jurist
28. Oktober 2025
Zukunft & Innovation

Bitcoin in Gefahr? Quantenangriff im Check mit Krypto-Jurist

Julian Hosp
Julian HospUnternehmer / Investor / Athlet / Familienvater

Eines der größten Risiken für Bitcoin ist nicht Regulierung, nicht Energie, nicht ein neuer Coin. Es ist Rechenleistung. Wenn Quantencomputer in den nächsten Jahren einen Durchbruch schaffen, könnte aus einem theoretischen Risiko ein ganz reales Problem werden. Was bedeutet das rechtlich und praktisch, wenn jemand vom Public Key zurück zum Private Key rechnen kann und die Coins bewegt. Genau dazu habe ich in Hamburg mit Rechtsanwalt Finn Niklas Nitz von SBS Legal gesprochen. Die Antworten haben mich überrascht. 

Hier gehts zum Video:

Kurz gesagt

  • In Deutschland gilt die Wegnahme von Bitcoin aktuell nicht als Diebstahl, weil Bitcoin rechtlich keine Sache ist. Strafrechtlich ist das daher kein klassischer Diebstahl. Zivilrechtlich kann man trotzdem auf Schadensersatz klagen.
  • In den USA wurde das Entfernen von Kryptoassets in Fällen bereits als Diebstahl eingeordnet, weil der Eigentumsbegriff dort weiter gefasst ist.
  • Wenn Quantencomputer Private Keys aus Public Keys berechnen könnten, wäre die Beweislage neu. Für mich ist klar: Sollten die Satoshi Coins bewegt werden, fällt Bitcoin aus meiner Sicht kurzfristig um mehr als 90 Prozent.

Warum Quantencomputer das spezielle Risiko sind

Viele sagen, echte Quantenbedrohungen liegen Jahrzehnte entfernt. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Fortschritte passieren sprunghaft. Der kritische Punkt wäre nicht Mining, sondern die Rückrechnung vom Public Key auf den Private Key. Wenn das gelingt, ist jede nicht ausreichend quantenresistente Adresse angreifbar. 

Deutschland heute: Kein Diebstahl, aber zivilrechtliche Ansprüche

Die unangenehme Überraschung zuerst. Nach deutscher Dogmatik ist Diebstahl nur an einer fremden beweglichen Sache möglich. Bitcoin ist keine Sache. Das Oberlandesgericht Braunschweig hat das in einem Fall bestätigt. Strafrechtlich scheidet klassischer Diebstahl also aus. 

Was bleibt. Digitale Straftatbestände wie Ausspähen von Daten oder Computerbetrug, wenn etwa Keys aktiv gehackt wurden. Und vor allem der Zivilrechtsweg. Jemand greift in dein Vermögen ein, daraus folgen deliktische Ansprüche auf Schadensersatz. Strafverfolgung durch den Staat ist es aber nicht. 

USA im Vergleich

Anders sieht es in den USA aus. Dort haben Gerichte Gruppen, die Kryptowerte in großem Stil entwendet haben, wegen Diebstahls verurteilt. Der Eigentumsbegriff ist weniger strikt am Sachbegriff festgemacht. Ergebnis. Auch ohne Sache kann Diebstahl vorliegen. 

Gedankenexperiment: Du kaufst einen Bitcoin, der Angreifer rechnet deinen Key

Angenommen jemand berechnet deinen Private Key, transferiert deinen Bitcoin zur Börse und verkauft. Du weist nach, dass du rechtmäßig gekauft hast. Der andere sagt, Code is law und er habe nur gerechnet. Zivilrechtlich würdest du in Deutschland mit Schädigungsvorsatz argumentieren. Der andere würde entgegnen, dass ein Private Key als solcher nicht die geschützte Vermögensposition sei. Ein spannender Präzedenzfall, der so noch nicht entschieden wurde. 

Satoshi Szenario

Was, wenn Satoshi nicht greifbar ist und eine Partei mit Quantencomputer die bekannten Adressen leert. Strafbarkeit in Deutschland. Gering. Wer ist geschädigt, wenn es keinen identifizierbaren Anspruchsteller gibt. Die Marktfolgen wären dennoch massiv. Ich bin überzeugt, dass Bitcoin in so einem Ereignis kurzfristig deutlich unter 1.000 US Dollar fallen könnte. Das wäre ein Schock mit Kettenreaktionen über Börsen, Derivate und Vertrauen. 

Gesetzgeber. Was müsste sich ändern

Eine Option ist, den Sach oder Eigentumsbegriff im deutschen Recht zu modernisieren. Es gibt bereits erste Schritte wie das Kryptowertpapierregistergesetz, das Registereinträge funktional einer Sache annähert. Darüber ließen sich Tatbestände wie Diebstahl künftig sauber abbilden. 

Was heißt das für dich als Anleger

  • Schlüsselhygiene. Wer noch alte Adressen mit offenliegenden Public Keys und großen Beständen hat, sollte über key rotation und moderne Wallet Setups nachdenken. Nicht aus Panik, sondern als saubere Operation.
  • Threat Modeling. Angriffsvektor ist nicht nur Social Engineering. In einem Quanten Durchbruch Szenario steht die Kryptographie selbst im Fokus. Multi Sig, Timelocks und Layer Lösungen können einzelne Risiken abmildern, sind aber kein Allheilmittel gegen gebrochene Signaturen.
  • Rechtliche Vorsorge. Wer relevante Bestände hat, sollte Belege, Nachweise und klare Dokumentation führen. Im Streitfall zählt, was du nachweisen kannst.

Mein Standpunkt

Bitcoin wurde entworfen, um ohne Institutionen auszukommen. Realistisch leben wir längst in einer Welt, in der Code und Recht koexistieren. Wenn die Technologie Spielregeln verschiebt, kommt der Gesetzgeber hinterher. Das wird auch hier passieren. Die Frage ist, ob das schnell genug geschieht.

Dank und Einordnung

Danke an Rechtsanwalt Finn Niklas Nitz von SBS Legal für die rechtliche Einordnung. Das Gespräch hat mir wieder gezeigt, wie groß die Lücke zwischen technischer und juristischer Logik noch ist. 


Genau solche Gespräche nutze ich, um tiefer zu graben, mit Experten, Unternehmern und Investoren aus meinem Netzwerk. Viele dieser Einblicke teile ich sonst nirgends.

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Julian Hosp
Julian HospUnternehmer / Investor / Athlet / Familienvater